20.07.2021

Die Geschichte des Mazda MX-81 – neuestes Exponat im Museum

In der über 100-jährigen Geschichte von Mazda hat es immer wieder besondere Begegnungen gegeben, die die Entwicklung des Unternehmens nachhaltig geprägt haben. Eine solche Begegnung zweier junger Leute führte Anfang der 1960er Jahre zur engen – und bis heute andauernden – Verbindung von Mazda mit der Welt des italienischen Designs. Perfekt zum Ausdruck kommt die Mischung aus italienischem Stil mit japanischer Innovationskraft und Sorgfalt im Mazda MX-81, einem spektakulären Konzeptfahrzeug, das Bertone 1981 für Mazda entworfen hat. Es ist eines von nur wenigen Mazda Modellen, die die Bezeichnung MX tragen: Fahrzeugen, die bekannte Sichtweisen in Frage stellen und neue Wege einschlagen.

Dieses ganz besondere Fahrzeug steht ab sofort in der Ausstellung im Mazda Classic – Automobil Museum Frey und präsentiert sich Mazda Fans und Designbegeisterten aus der ganzen Welt.

Die Ursprünge des Designs

Die Verbindung zwischen Italien und Japan reicht bei Mazda bis zum Jahr 1960 zurück. Als Hideyuki Miyakawa die Automobilmesse in Turin besuchte und Bertone-Chefdesigner Giorgetto Giugiaro traf, dachte wohl keiner der beiden Männer daran, dass diese Begegnung der erste Schritt auf einem langen gemeinsamen Weg sein würde.

Hideyukis Reise nach Turin erwies sich in mehr als einer Hinsicht als schicksalhaft. Auf der Messe traf er nicht nur Giugiaro, sondern auch eine junge japanisch-italienische Übersetzerin mit einer Leidenschaft für Autos: Maria Luisa „Marisa“ Bassano. Es war Liebe auf den ersten Blick, und über Marisa lernte Hideyuki später den Mazda Chef Tsuneji Matsuda kennen.

Bald bahnte das Paar Kontakte zwischen den ersten drei italienischen Karosseriebauern Bertone, Ghia und Pininfarina auf der einen Seite und japanischen Autoherstellern auf der anderen Seite an. Diese Form der Zusammenarbeit war genau das, wonach Mazda suchte: Die japanische Marke wollte sich mit ihren kommenden Modellen von ihren heimischen Wettbewerbern abheben. Aus der ersten Kooperation zwischen Mazda und Bertone ging das kompakte Familienauto Mazda Familia hervor, 1964 folgte eine Limousine, 1965 ein Coupé. Gezeichnet hatte die Familia-Baureihe der junge Giorgetto Giugiaro – ein Name, der in der Folge das Automobildesign im Allgemeinen und die Beziehung zwischen Italien und Japan im Besonderen prägen sollte.

Die Verbindung aus japanischer Technik und italienischem Design erwies sich als sehr erfolgreich: Zwischen 1963 und 1968 produzierte Mazda rund 400.000 Einheiten des Familia und erreichte in diesem Fahrzeugsegment einen Marktanteil von 44 Prozent. Während der Arbeit am Familia erstellte Giugiaro auch die Designs für eine elegante und futuristische Limousine: den Mazda Luce von 1966. Es war das erste Fahrzeug der Marke, das nach Europa exportiert wurde, und etablierte Mazda als Autohersteller mit einer Leidenschaft für Design.

Auch nach dem Wechsel Giugiaros zu Ghia wurde die Partnerschaft zwischen Mazda und Bertone fortgesetzt; 1981 wurde der Mazda MX-81 vorgestellt. Nach seiner Premiere auf der Tokyo Motor Show stand der MX-81 im Mittelpunkt eines berühmten Foto-Shootings auf der Piazza del Duomo in Mailand.

Als Mazda Chefdesigner Ikuo Maeda 2010 damit begann, das Design der Marke neu auszurichten und zu vereinheitlichen, spielte die frühere Zusammenarbeit mit Bertone und Giugiaro eine zentrale Rolle. Sein Vater Matasaburo Maeda hatte als Mazda Designer selbst mit den Italienern zusammengearbeitet. Und wenngleich die Ansätze von Vater und Sohn sich in vielerlei Hinsicht unterscheiden: Die schlichte Eleganz italienischen Designs wissen beide zu schätzen.

Von italienischen Designs hat Maeda die Idee übernommen, dass es auf ein starkes Grundgerüst ankommt. Davon ausgehend, verband er die Präzision traditioneller japanischer Handwerkskunst mit harmonischen Linien und natürlichen Formen und schuf damit eine Synthese aus den Lehren der Vergangenheit und der Mazda Vision für die Zukunft.

Der Mazda MX-81

Nur die ambitioniertesten Fahrzeuge von Mazda tragen die Abkürzung MX (Mazda eXperimental): Modelle, die Konventionen in Frage stellen und dadurch neue Werte schaffen.

Das erste Auto mit dieser Abkürzung war das von der italienischen Designschmiede Bertone entworfene Konzeptfahrzeug Mazda MX-81 Aria. Was den Stil betraf, hatten die Designer freie Hand; die technische Basis lieferte die Plattform des damaligen Mazda 323.

Gestaltet wurde das Fahrzeug vom damaligen Bertone-Chefdesigner Marc Deschamps, der dem nur 3,94 Meter langen Coupé die typische Keilform des Turiner Karosseriebauers verlieh. Markant war aber nicht nur die Form, die sich am Volvo Tundra Concept orientierte, den Marcello Gandini 1979 für Bertone gestaltet hatte; auch der Stil und die technischen Lösungen innen und außen waren einzigartig.

Zum Beispiel die außergewöhnlich großen, bündig in die Karosserie eingelassenen Fenster, die Klappscheinwerfer, die versenkbaren Scheibenwischer und die vertikalen Rückleuchten, die beinahe die gesamte C-Säule einnahmen. Es war ein riskanter, aber auch revolutionärer Entwurf, der zudem einen für damalige Verhältnisse bemerkenswert niedrigen Luftwiderstands-Beiwert von cW=0,29 aufwies.

Das wirklich besondere Merkmal des japanischen Konzeptfahrzeugs war aber das Lenkrad. Anstelle eines klassischen runden Lenkrads mit Speichen und Säule gab es eine Art Band, das aus kleinen, miteinander verbundenen Kunststoffringen bestand und um ein rechteckiges Armaturenbrett lief, das wie ein alter Mini-Fernseher aussah. Die Bedienelemente für Scheibenwischer, Blinker, Scheinwerfer und Hupe befanden sich zwischen Bildschirm und Lenkrad. Und das Auto besaß noch weitere kleine Annehmlichkeiten, zum Beispiel drehbare Vordersitze, die den Zugang zu den Rücksitzen erleichterten.

Als reines Konzeptfahrzeug wies der Mazda MX-81 Aria natürlich einige Features auf, die nicht für die Serienproduktion bestimmt waren: allem voran das Lenkradband. Rechteckige Instrumente, die sich bei Nichtgebrauch in die Armaturentafel versenken, sind hingegen heute ein typischer Bestandteil von Konzeptfahrzeugen, die über autonome Fahrtechnik nach Level 4 oder 5 verfügen.

Die Restaurierung des MX-81

Der Mazda MX-81 wurde im Februar 2020 in einem Lagerhaus in Fuchizaki, einem Bezirk in Hiroshima, „wiederentdeckt“. Im Unterschied zu vielen anderen Prototypen, die nach ihrer Präsentation entsorgt werden, stand der MX-81 jahrelang in dem Lager, zusammen mit dem MX-02, dem MX-03 und den RE-Evolve.

Das Fahrzeug hatte zwar ein wenig unter Feuchtigkeit gelitten, wies aber ansonsten keine größeren Mängel auf.
In der Mazda Zentrale, die sich ebenfalls in Hiroshima befindet, durchlief das Auto anschließend einen gründlichen Check. Im Zentrum der Überholung stand der Motor, der komplett auseinandergenommen wurde. Jedes einzelne Teil wurde restauriert, vom Kühler bis zur Batterie, von der Wasserpumpe bis zum Tank. Auch Bremsen, Lenkung und Elektrik wurden überholt. Nach 39 Jahren wurde der Motor schließlich wieder gestartet. Und im März 2020 machte sich der MX-81 auf den Weg nach Europa.

Den zweiten Abschnitt der Restaurierung übernahmen die Spezialisten von SuperStile in Turin. Das 2015 gegründete Unternehmen arbeitet mit großen Zentren, Designern und Autoherstellern in aller Welt an der Entwicklung von Messefahrzeugen, Prototypen und Modellen. Das Ziel der Experten war es, so viel wie möglich von den ursprünglichen Materialien zu bewahren, damit die Zeichen der Zeit sichtbar bleiben.

Lackierung und äußere Oberflächen wurden in ihren Originalzustand versetzt. Im Innenraum wurden alle Anzeichen für Feuchtigkeit von den Lederflächen entfernt, das Glas der Scheinwerfer wurde komplett erneuert und der Klappmechanismus restauriert. „Es war eine Ehre, ein 40 Jahre lang verstecktes Objekt zurück ans Licht zu bringen“, sagt Flavio Gallizio, Mitbegründer des SuperStile-Partners Flartech, der auf italienischer Seite an der Restaurierung beteiligt war.

Der MX-81 im Mazda Classic Museum

Im Juli 2021 trat das komplett restaurierte Konzeptfahrzeug schließlich seine Reise ins Mazda Classic – Automobil Museum Frey nach Augsburg an. Familie Frey freut sich sehr, dass der MX-81 Aria der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und in der Ausstellung in perfekter Symbiose aus italienischem Design und japanischer Innovationskraft nun die spannende und mittlerweile über ein Jahrhundert andauernde Mazda Geschichte verkörpern wird.