Vor 50 Jahren: Surfing USA mit dem einzigartigen Mazda Rotary Pick-up
Kein Fahrzeugkonzept, in dem der bereits über zwei Millionen Mal verkaufte, kompakte und leichtgewichtige Mazda Kreiskolbenmotor nicht seine Vorteile ausspielt. Sogar der klassische, nutzwertige Pritschenwagen amerikanischer Farmer und Handwerker erfuhr eine Revolution, als der Mazda Rotary Pick-up zum Modelljahr 1974 neue Wege wagte. Dieser speziell für den US-Markt entwickelte japanische Pick-up bot mit einem leistungsstarken Zweischeiben-Kreiskolbenmotor bahnbrechende technische Lösungen für höheren Nutzwert und besonderen Fahrspaß – und steht damit zugleich ganz in der Tradition des Pick-up-Pioniers Mazda: Der unkonventionelle Hersteller aus Hiroshima begann seinen Aufstieg zum global erfolgreichen Automobilhersteller vor fast 95 Jahren mit innovativen Transportern, die als legendäre „Green Panel Vans“ in Japan Kultstatus gewannen. Noch sensationeller wirkte aber 1974 der Mazda Rotary-Pick-up, der viel Lifestyleflair für Surfer mitbrachte und auch bei Motorsportevents brillierte.
Made for America, aber Fans in der ganzen Welt: Der unkonventionelle Mazda Rotary Pick-up
Die Welt der Mobilität befindet sich im permanenten Wandel: Innovative Technologien entstehen, Fahrzeugsegmente verändern sich. Schon immer gelang es Mazda, vielen neuen Trends mit kreativem Ingenieursgeist vorauszufahren. So auch Anfang der 1970er Jahre in Nordamerika, dem damals weltweit wichtigsten Markt für Pick-ups und Sportwagen. Mit den kompakten und handlichen Pritschenwagen der B-Serie konterte Mazda damals die großen US-Pick-ups, während der neue Mazda Kreiskolbenmotor vor allem attraktiv designte Coupés und Sportwagen begehrenswert machte. Die Amerikaner liebten den robusten, drehfreudigen und von turbinenartiger Laufkultur gekennzeichneten Wankelmotor made in Japan so sehr, dass bald jeder zweite in den USA verkaufte Mazda einen unter der Haube hatte. So schien es Mazda nur konsequent, auch einen Pick-up mit Kreiskolbenmotor zu entwickeln, den weltweit einzigartigen Rotary Pick-up. Was allerdings niemand ahnen konnte: Der Mazda Rotary Pick-up rollte ausgerechnet während der ersten globalen Energiekrise von 1973/74 in die Showrooms zwischen New York und Kalifornien.
Trotzdem zählt das von seinen Fans nur „REPU“ – ein Akronym aus Rotary Engine und Pick-up – genannte Nutzfahrzeug heute zu den coolsten Klassikern an amerikanischen Surf-Hot-Spots und in der Pick-up-Community. Längst haben auch europäische und deutsche Sammler die Faszination dieses temperamentvollen Typs mit 99 kW/135 PS starkem Zweischeiben-Kreiskolbenmotor (Kammervolumen 2 x 654 cm3) entdeckt, der äußerlich vor allem durch kraftvoll ausgestellte Radhäuser auf sich hinweist. Und wer einmal von einem REPU überholt wird, erkennt am Heck in großen Lettern den erklärenden Schriftzug „Rotary Pick-up“. Tatsächlich sprintete der REPU in damals sportiven neun Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit von über 160 km/h toppte alle Konkurrenten und lag sogar auf dem Niveau damaliger Sechszylinder-Limousinen. Dennoch dauerte die Karriere des außergewöhnlichen Mazda Rotary Pick-up nur drei Jahre, die Zeitumstände waren gegen ihn.
Resilienz in der Krise, Kult als Klassiker: Der Mazda REPU definierte den Pick-up neu
Manchmal sind Erfolg oder Misserfolg eines bahnbrechenden Fahrzeugs schon entschieden, bevor das Auto in die Schauräume der Händler fährt. So geschehen beim 1.299 Kilogramm leichten, aber 640 Kilogramm Nutzlast fassenden Mazda Rotary Pick-up, der sich mit einer komfortabel ausgestatteten Kabine im Stil des Sportcoupés Mazda RX-2 inklusive Drehzahlmesser klar von allen anderen konsequent rustikal und nutzwertig ausgelegten Pick-ups differenzierte. Hinzu kam beim REPU ein Fahrwerk, das auf den kräftigen Zweischeiben-Kreiskolbenmotor ausgelegt war, der ein Drittel mehr Leistung bereithielt als vergleichbare Vierzylinder in konventionellen Pick-ups. Der vom Sportcoupé Mazda RX-3 – damals auch das Spitzenmodell im Modellprogramm von Mazda Deutschland – bekannte, emissionsarme Kreiskolbenmotor vom Typ 13B erfüllte in Kalifornien die weltweit schärfsten Abgasvorschriften, und eine sensationelle, serienmäßige Garantie über 50.000 Meilen (80.000 Kilometer) oder drei Jahre verschaffte dem Mazda Rotary Pick-up ebenfalls Vorsprung gegenüber den Wettbewerbern. Fakten, mit denen der nur 4,39 Meter lange REPU die Fachwelt und Pick-up-Kunden gleichermaßen beeindruckte.
Aber die mit der Ölkrise von 1974 in Nordamerika einhergehende wirtschaftliche Rezession traf eine Problemzone des Mazda Rotary Pick-up: Der Verbrauch von mindestens 11 Liter/100 km nach EPA-Norm wurde zwar von Fachmedien als angemessen eingeschätzt für einen so sportlich starken Fahrspaß-Pick-up. Dennoch entschieden sich die meisten Pick-up-Käufer vorerst nur für die kleinsten und kostengünstigsten Nutzfahrzeug-Motorisierungen. Trotzdem: Exakt 14.336 REPU produzierte Mazda 1974 für Nordamerika, von denen einige zu Abschlepp- und Pannen-Hilfsfahrzeugen umgerüstet wurden. Nicht wenige wurden auch als West-Coast-Lifestylefahrzeug mit Surfboard auf der Pritsche und dem Sticker „Freeway Hummer“ am Heck genutzt. Dennoch blieben so viele REPU unverkauft, dass Mazda im Modelljahr 1975 die Produktion pausieren ließ, ehe 1976 weitere 632 Rotary Pick-up und 1977 die finalen 1.161 REPU von den Bändern fuhren. Überraschende Rennsiege wie bei der SCCA Mojave 24-Stunden-Rallye 1975 konnten die Verkaufszahlen immerhin kurzzeitig beschleunigen.
Zum gefeierten Kultklassiker, der automobile Hauptrollen in TV- und Kinofilmen besetzt und als Modellauto und in Konsolenspielen die Kinderzimmer erobert, avancierte der Rotary-Pick-up in späteren Jahren. Heute zählt der Mazda REPU zu den Attraktionen der aktuellen Sonderschau „Rotation“ im Mazda Classic – Automobil Museum Frey in Augsburg. Diese Ausstellung zeigt alle Rotary-Modelle von Mazda, beginnend mit dem Cosmo Sport 110 S, über RX-2 bis RX-9, aber auch Eunos Cosmo, Mazda Luce oder R100.
Text und historisches Bild: Mazda Deutschland